Montag, 23. Mai 2011

Mission completed

"Congratulations! You are an Ironman!", rief der Sprecher ins Mikrofon, als ich die Ziellinie überquerte. Dabei auch noch von dem großartigen Publikum in der Sportarena beklatscht zu werden, das hat schon was und entschädigt für viele Mühen und Strapazen der letzten Monate. Und vor allem für die der gut sechs Stunden davor.

Arme hoch, jubeln, für das Foto in die Kamera lächeln!

Der Ironman 70.3 in St. Pölten ist eine super Veranstaltung. Das Rennen ist vom Start bis ins Ziel perfekt organisiert und an der Strecke stehen tausende Freiwillige Helfer und Zuschauer, die auch Durchschnittsathleten wie mich, die erst Stunden nach den Profis vorbei kommen kräftig anfeuern. Die Profis sind ja schon um sieben Uhr morgens, ich erst um 8:10 gestartet und sind dann auch noch fast doppelt so schnell.

Die Atmosphäre in der Zielarena ist fast so sensationell wie beim Beach-Volleball Turnier in Klagenfurt. Ohne die VIPs, aber die braucht man als Teilnehmer ohnehin nicht. Dafür ist die Tri-Community super. Vor dem Start, auf der Strecke und im Ziel ebenso. Jeder Finisher wird zu seiner Leistung beglückwünscht, egal wie lange er gebraucht hat.

Der Weg zu meiner zweiten Ironman-Medaille war allerdings etwas beschwerlicher als erwartet. Die Hitze hat den Bewerb richtig tough gemacht. Gestern hatte es in St. Pölten über 28 Grad im Schatten, bloß Schatten gab sowohl auf der Rad- als auch auf der Laufrunde so gut wie gar keinen. Beim abschließenden Halbmaraton war das ein echtes Kriterium

Zusätzlich war bei mir auch vom Start weg ein wenig der Wurm drin. Begonnen hat es damit, dass ich beim Anziehen meines Neoprenanzugs gemerkt habe, dass er verdammt eng ist. Leider hatte ich keine Zeit, ihn davor einmal zur Probe zu schwimmen, denn sonst hätte ich mir noch einen anderen organisiert. Der Grund: Im letzten Jahr habe ich am Oberkörper einiges zugelegt. Ich habe jetzt Muskeln, wo vorher keine waren, bin wie die Oberösterreicher sagen, vom "Schmalhagerl" ein bisschen in Richtung "Cornetto" gewachsen.

Mit Müh und Not habe ich den Reißverschluss des Anzugs noch zugebracht, beim Schwimmen war die eng anliegende Gummihaut aber dann ein richtiges Problem. Als ich zu kraulen versuchte habe ich kaum Luft bekommen. Ich habe mich gefühlt wie ein Asthmatiker auf 3000 Metern Seehöhe. Einen Moment lang habe ich sogar schon gedacht ich müsse aufgeben. Dann habe ich mich aber auf den Rücken gedreht und bin fast die ganze Strecke in Rückenlage geschwommen. Atmungstechnisch war das OK, allerdings habe ich dabei einen ziemlichen Zickzack-Kurs hingelegt. Nachdem ich dabei ein paar Mal ganz schön vom Weg abgekommen war und ich deshalb etliche Meter umsonst schwimmen musste habe ich aufs Brustschwimmen gewechselt, was im langen Neoprenanzug ziemlich mühsam ist. Zwischendurch habe ich es immer wieder mit Kraulen versucht, aber das war sinnlos.

Ich habe mich dennoch recht wacker geschlagen. Es hat mich nach dem Schwimmen jedenfalls richtig erstaunt, dass ich nur um gut zwei Minuten langsamer als im Vorjahr war. Eigentlich wollte ich ja schneller sein, so war das aber leider nicht möglich.

Beim Radeln ging es dann ganz gut. Die Schwimmerei hat mir zwar ein bisschen mehr Kraft gekostet als geplant, nach den ersten paar Kilometern war das aber wieder vergessen. Mich haben zwar einige, die einen sicher nur halb so schweren und dafür dreimal so teuren Renner unter sich hatten, überholt, aber ich habe dafür auch andere eingeholt und meinen Platz den ich nach dem Schwimmen hatte bis zum Schluss der Radstrecke verteidigt.

Die Hitze war beim Radeln noch nicht so sehr das Kriterium, obwohl es dann ab Kilometer 75 die Sonne schon sehr hoch stand und es auch schon ganz schön zäh wurde. Zum Schlus habe ich Ziel ganz ehrlich schon ein wenig herbei gesehnt. Meine Rad-Split-Zeit waren dann 3:06 Stunden. Letztes Jahr war ich drei Minuten schneller, aber das war ein anderes Rennen. Eigentlich wollte ich die 3:00 Stunden Marke knacken, dafür hat mir aber auf den letzten 15 Kilometern etwas die Kraft gefehlt.

Dann ging es zum Laufen. Der echten Challenge nach dem Schwimmen und Radeln. Besonders bei der Hitze! Die ersten zwei, drei Kilometer dachte ich schon, ich schaffe es nicht. Die Beine waren müde, ich hatte einen leichten Krampf im Oberschenkel und einen riesigen Durst.

Der Krampf hat sich durch kontrollierte Schritte wieder gelöst und nachdem ich sowohl beim Schwimmen als auch beim Radeln jeweils drei Minuten über dem Vorjahr lag wusste ich schon, dass sich die 6:00 Stunden Marke nicht mehr ausgehen kann. Also hab ich mir das Finishen als Ziel gesetzt und versucht, einen lockeren 6:00 Minuten Kilometerschnitt zu laufen.

Den habe ich auch so ziemlich eingehalten, allerdings musste ich bei fast jeder Verpflegungsstation Halt machen. Meine Kappe ins Wasser eintauchen, einen Schwamm über den Kopf auspressen, Wasser Trinken, in eine Orange beißen, eine Banane nachschieben und wieder Wasser trinken. Das hat zwar Zeit gekostet, musste aber sein. Sonst hätte ich es vermutlich nicht mehr ins Ziel geschafft. Locker bleiben und ins Ziel kommen war mein Vorsatz, und das ist mir dann auch gut gelungen.

Sicher hätte es besser laufen können. Ich denke auch, dass ich unter optimalen Bedingungen (also doch einige Grad weniger und bewölkt) und wenn das Problem mit dem Neo nicht gewesen wäre die 6:00 Stunden Marke knacken hätte können. So aber war definitiv nicht mehr drin. 6:27:54,4 war meine Zielzeit, und das war unter den Bedingungen recht anständig. Gegenüber dem Vorjahr habe ich mich damit sogar um beinahe 500 Gesamtränge (von Rang 2023 auf Rang 1530) verbessert. In meiner Klasse habe ich den Sprung vom 369. Platz auf den 253. Platz gemacht. Die Hitze dürfte also auch den anderen ziemlich zu schaffen gemacht haben.

Es war mächtig anstrengend, aber ich bin froh und auch ein bisschen stolz, mich durchgebissen zu haben und ins Ziel gekommen zu sein. Die schon erwähnte tolle Atmosphäre im Ziel und sicher auch die eigenen Endorphine haben die Strapazen schnell wieder vergessen lassen.

Wer wissen will wie das ist muss selbst daran teilnehmen. Wer ehrgeizig genug ist und nicht davor zurückscheut, sich ein halbes Jahr vorzubereiten kann die Ironman-Halbdistanz schaffen.

Die komplette Ironman-Distanz (3,8km schwimmen / 180 radeln / 42 laufen) ist jedoch eine andere Sache. Ich bin zum Schluss gekommen, dass ich die definitiv nicht probieren werde. Die Option, mich für Kärnten 2012 anzumelden (bis zum 10. Juni könnte ich das als Ironman 70.3 Finisher) werde ich nicht ziehen. Die Mitteldistanz ist für mich die absolute Obergrenze. Für die Langdistanz müsste ich einen anderen Job haben – freigestellter ÖBB- oder Telekom Austria Mitarbeiter oder Volksschullehrer zum Beispiel. Denen überlasse ich das gerne.

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Frank (Gast) - 24. Mai, 20:17

Gratulation

Hallo Peter!
Gratulation dem Finisher!!
Echt erstaunlich was du so leisten kannst.
lg Frank

WolfgangGL - 24. Mai, 20:50

Tolle Leistung! Glückwunsch!

Michael aus Eichgraben (Gast) - 6. Jun, 21:54

Toll - ich gratuliere Dir! Eine Super-Leistung, an die ich auch bei 10°C weniger nicht herankomme.

Keep on running!

Michi

Peter trainiert für den Ironman

Triathlon- und Trainingsblog

Über mich und dieses Blog

Peter Sempelmann *1968
Journalist, mit Stationen bei trend, profil. und WirtschaftsBlatt Verheiratet, Vater von zwei Kindern.

Dieses Blog wurde im November 2009 gestartet, um das Training für meinen ersten Triathlon, den Austria 70.3 Ironman (1,9 km schwimmen, 90 km radeln und 21 km laufen) im Mai 2010 zu dokumentieren und um nicht zu kneifen. Wie hätte denn ausgesehen. Erst groß bloggen und dann nicht durchhalten?

Ich habe mich durchgebissen. Den Rennbericht gibt es hier.

In der Folge dann auch durch etliche weitere Triathlons und andere sportliche Abenteuer.

Wer meinen Weg vom Durchschnitts-Ei zum Ironman nachlesen will, scrollt in der Timeline ganz zurück oder klickt den folgenden Link:

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Wenn ich es konnte, dann kann es jeder andere auch. Also rein ins Sportgewand und raus in die Natur!

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