Der Tag danach. Das Rennen ist vorüber. Was bleibt ist ein riesiger Hunger und Appetit auf mehr. Obwohl die 2013er Ausgabe des Ironman 70.3 in St. Pölten unter gar keinem guten Stern stand. Diesmal lag es aber weniger an mir und meiner Vorbereitung als am Wetter. Das war die eigentliche Herausforderung des Triathlons, der wetterbedingt zu einem Duathlon wurde.
Zieleinlauf mit 5:22:51. Fabrizio aus Italien war auf den letzten Kilometern der Laufstrecke mein Begleiter
Dabei hatte ich mich diesmal gut vorbereitet. Seit Jahresbeginn habe ich 550 Laufkilometer und 850 Fahrradkilometer in den Beinen. Dazu kamen als Vorbereitung zwei Halbmarathons und ein Triathlon über die olympische Distanz. Ich bin außerdem etliche Male im Neopren geschwommen, um mich an das Neo-Schwimmen zu gewöhnen.
Für den IM 70.3 in St. Pölten wäre das nicht nötig gewesen, denn der Schwimmbewerb wurde wegen zu geringer Wasser- und Lufttemperaturen abgesagt. Offiziellen Messungen zufolge hatte der Viehofner See am Tag vor dem Rennen 16 Grad, bei der Registrierung habe ich allerdings auch gehört, dass die Wasserrettung in der Mitte des Sees nur 12 Grad gemessen hatte. Noch frischer war es im Freien. Für die Nacht vor dem Rennen wurden Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt prognostiziert und am die Morgentemperaturen lagen bei reschen 6 Grad.
Beim Bike-Start. Ich als "Black Rider". Wie manche mit kurzen Hosen fahren konnten ist mir ein Rätsel
Die Veranstalter sagten den Schwimmbewerb daher am Tag vor dem Rennen ab. Sie hatten auch keine andere Wahl. Das offizielle Reglement des Triathlon-Verbandes lässt ein Schwimmen bei solchen Luft- und Wassertemperaturen gar nicht zu.
Als ob man es gewusst hätte: Auf den Finisher-Medaillen des Jahres 2013 stehen anders als in den Vorjahren keine Distanzen. Kein Hinweis auf ein Schwimmen. Die sind also 100% ehrlich verdient! Trotzdem war ich im ersten Moment ein wenig enttäuscht, als ich beim Rennbriefing von der Absage des Schwimmbewerbs hörte. "Das ist dann ja gar kein Triathlon", dachte ich. Und an die vielen vergeblichen Schwimmtrainings. Am meisten wurmte mich aber, dass mein Ziel meine Bestzeit auf der Strecke zu verbessern und diesmal mit einer Zeit unter sechs Stunden zu finishen schon vor dem Start abhaken konnte.
Die Medaillen des Jahres 2013 / Foto © trinews.at
Die Gedanken waren jedoch gleich wieder verflogen als ich mich an die frischen Morgentemperaturen erinnerte. Das Thermometer hatte bloß 6,5 Grad angezeigt. Welcher halbwegs vernünftige Mensch springt da in einen See? Außerdem hatte ich mir eine leichte Erkältung zugezogen. So gesehen konnte ich eigentlich froh sein, nicht schwimmen zu müssen.
Während der Fahrt durch die Wachau war der Wind der härteste Gegner
Wer gedacht hatte, der Bewerb wäre durch die Absage des Schwimmens einfacher hatte sich getäuscht. Dafür sorgte der kräftige Wind, der laut Rennleitung den ganzen Renntag über mit Geschwindigkeiten bis über 65 km/h wehte. Dazu gab es zum Start wieder Temperaturen unter 8 Grad, garniert mit ein paar Regentropfen. Alles in allem ein Wetter, bei dem man es sich besser zuhause gemütlich macht, statt sich aufs Rad zu setzen, 90 Kilometer zu fahren und danach noch einen Halbmarathon zu laufen.
An das kuschelig-warme Zuhause dachten während des Rennens wohl viele. Stimmen, die ich von anderen Teilnehmern hörte waren unter anderem: "Es ist ein Albtraum!" "Ich sterbe!" "Warum mache ich das?" oder am Ende "Hut ab, vor jedem, der das das bei diesen Bedingungen durchgezogen hat!"
Ans Aufgeben habe ich nie gedacht, aber der Wind war auf der Radstrecke mitunter wirklich grenzwertig. Am Flachstück in der Wachau konnte ich wegen des heftigen Gegenwinds nicht mehr am großen Kranz fahren, schlimmer waren aber fast noch die heftigen Böen am Teilstück zwischen Obritzberg und St. Pölten. Sie rüttelten so stark am Rad, dass ich fürchtete, umgeblasen zu werden. Die Bergetappen waren dagegen fast schon eine Erholung. Der Anstieg nach Gansbach nach der Windschlacht in der Wachau eine Atempause. Und der Berg war auch das einzige Teilstück auf der gesamten Strecke, an dem mir kurz warm wurde. Trotz kurzem Shirt und darüber zwei Langarmshirts, Handschuhen, Haube unter dem Helm und Beinlingen. Der kalte Wind kannte einfach kein Erbarmen.
Die Hoffnung, dass ich auf der Radstrecke eine Zeit unter drei Stunden erreichen könnte hatte ich dann auch bald wieder begraben. Vielleicht wäre das mit einer aerodynamisch besseren Sitzposition möglich gewesen. Eventuell auch mit einer windschlüpfrigen Triathlon-Zeitfahrmaschine. Wobei ich bei dem Wind garantiert nicht mit vollen Laufrädern fahren hätte wollen, wie das etliche andere getan haben. Und bei den Abfahrten durch den Sturm war es mir auch recht, einen richtigen Rennlenker zu haben, den ich gut festhalten konnte. Vermutlich wäre mehr Training also das Richtige gewesen.
Auch beim Laufen blieb die Haube auf dem Kopf. Wind und Wetter waren bis zum Schluss ein Kriterium
Der Wind hat jedenfalls viel Kraft gekostet, am Rad und beim Laufen. Auf den beiden 10,5 km Runden gab es jeweils auf der Hälfte der Strecke einen reschen Gegenwind. Konditionell hatte ich keine Probleme. Im Gegensatz zu den Vorjahren konnte ich an den Versorgungsstationen locker vorbeilaufen und habe nur hin und wieder zu einem Becher Wasser oder Iso gegriffen. Am Ende hat aber die Kraft nachgelassen. Trotzdem ist meine Laufzeit von unter 2 Stunden (1:59:15) meine bisher beste auf der Ironman-Halbdistanz.
Nochmals beim Zieleinlauf mit Fabrizio
Im Ziel war ich dennoch froh, es hinter mir zu haben. Einen warmen Tee zu bekommen, mich in eine Rettungsfolie einzuwickeln und anschließend heiß duschen zu können. Ein paar Palatschinken später war die Welt dann auch schon wieder in Ordnung, das Dreckswetter vergessen und nur noch der Zieleinlauf im Kopf.
Schon heute habe ich im Kalender nachgesehen, wann und wo ich mein Ziel, die 6-Stunden-Marke auf der Halbdistanz zu knacken erreichen könnte. Vielleicht gelingt es noch in diesem Jahr. Die Triathlon-Saison ist ja noch jung. Sonst im nächsten Jahr. 2014 werde ich St. Pölten aber auslassen und stattdessen beim
Linztriathlon an den Start gehen.
Termin ist der 31. Mai 2014. Also fast zeitgleich mit dem St. Pöltner Bewerb. Das bedeutet den Winter über wieder fleißig trainieren. Die Startgebühr für den Linzer Tri kostet bis Ende Mai nur 60 Euro, bloß ein Viertel von St. Pölten. Ironman ist ja super, aber nachdem ich schon vier IM 70.3 Medaillen zuhause habe muss jetzt einmal eine andere Strecke her. Goodbye, St. Pölten, Hallo Welt!